Netz Film Fund Festival 3

Shell’s Wonderful World of Golf: Hogan vs Snead, Houston CC

von Mark Horyna

Gestern wäre einer der größten Golfer aller Zeiten 98 Jahre alt geworden. Wir nehmen dies zum Anlass, eine kleine Perle der Golfgeschichte vorzustellen.

Im Rahmen unserer Netz Film Fund Reihe präsentieren wir unregelmäßig und in keiner besonderen Ordnung Golffilme, die wir für sehenswert erachten. Alle Fundstücke sind ohne Abo, Passwort oder Kreditkarte im Netz frei verfügbar. Natürlich, der Thrill des „Wer wird gewinnen?“ ist bei diesen Aufzeichnungen nicht gegeben, doch wer Spaß an Golfgeschichte hat, die Wiederholung legendärer Ereignisse schätzt, klassische Schwünge und hervorragende Kommentatoren, der kommt hier durchaus auf seine Kosten. 

Und unsere sachdienlichen Hinweise gibt es ebenfalls gratis.

Was passiert?

Ab den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts war der Gas- und Mineralölkonzern Shell Veranstalter einer Vielzahl für das Fernsehen produzierter Golfmatches. Die jeweils circa einstündigen Sendungen der „Shell’s Wonderful World of Golf“ waren zehn Jahre lang für viele Zuschauer eine fixe Größe im wöchentlichen Fernsehprogram. Nach einer kurzen Einführung in den jeweiligen Ort des Matches, in diesem Film ein sauber gewienertes Houston, ging es bald zur Sache. Vor einem relativ kleinen Live-Publikum traten legendäre Pros im direkten Vergleich gegen einander an. Durch die unmittelbare Nähe der Kameras und die flüsternden Kommentatoren entstand dabei eine Art Intimität mit den Spielern, die damals sicher zum Erfolg des Formats beitrug und noch heute einen ganz bestimmten Reiz hat.

Während im TV übertragene Großveranstaltungen selten tiefere Einblicke bieten konnten, waren und sind diese Matches eine hervorragende Möglichkeit Lieblingsspieler up-close zu sehen, ihre Schwünge zu studieren und ihre Eigenheiten zu entdecken. Wer möchte Hogan nicht mal für eine Stunde über die Schulter schauen?

Die Reihe begann in den frühen Sechzigern und lief erfolgreich bis 1970. Es gab kaum einen Topspieler, der nicht mindesten einmal dabei war. Und so liest sich die Reihe der Teilnehmer wie ein Who-is-Who der damaligen Golfwelt. Hogan, Nelson, Nicklaus, Snead, Alliss, Charles, Rodriguez, DeVincenzo, Palmer und Jacklin, sie alle ließen sich gerne für die Money Matches einfliegen, die nicht selten auch an exotischen Orten stattfanden. In 1994 wurde die Reihe nach einer langen Pause wieder aufgenommen. Jack Nicklaus’ Firma übernahm die Produktion, Gary Player fungierte als Moderator. 

Wir haben uns mit dem Match zwischen Ben Hogan und Sam Snead hier einen Klassiker herausgepickt. Beide Männer hatten zwar zum Zeitpunkt der Aufzeichnung im Jahre 1965 ihren spielerischen Höhepunkt schon längst überschritten, trotzdem ist das Niveau des gezeigten wirklich sensationell. Slammmin‘ Sammy Snead, einer der längsten seiner Generation, ist auch im Alter von 53 fähig, den Ball eine „Country Mile“ weit zu schlagen und Hogan, ebenfalls 53 Jahre alt, plottet seinen Weg, trotz eines recht kalten Putters mit einer unglaublichen Präzession über den Platz. 

Was passiert noch?

Golflegende Gene Sarazen ist einer der Co-Kommentaren des Spiels. Der wegen seiner tadellosen Manieren und seines Kleidungsstil „The Squire“ genannte Pro war in den Zwanzigern und Dreißigern des letzten Jahrhunderts eine dominante Figur der Golfszene. Sarazen ist heute vermutlich den meisten Golfern als angeblicher Erfinder des Sandwedges bekannt (oder vermutlich auch nicht).

Was gibt’s sonst zu sehen?

Nicht sehr viel, aber doch einiges. Erwähnenswert ist das Publikum. Die Damen tragen oft nackte Oberarme und große, sehr elaborierte Hüte. Allerlei Materialen, Blumen, Größen, Formen sind zu bewundern. Die Herren hingegen kommen eher uniformiert daher. Viele weiße Hemden, dunkle Krawatten. Die meisten sehen aus, als gingen sie zu einer Kulturveranstaltung oder in die Kirche. Nur wenig tragen Golfkleidung. Etwas, das ich persönlich schön finde. Aber ich verstehe sowieso nicht, warum Zuschauer sich wie Athleten anziehen sollten. Aber das ist ein anderes Thema und wird sicher beizeiten noch einen Artikel bekommen.

Es gibt sehr schöne Flyovers. Der Housten Country Club hat einige sehr beeindruckende Löcher im Angebot. Wer sich ein wenig auskennt, wird wissen, dass Flugaufnahmen in den sechziger Jahren eher schwer herzustellen waren. Damals musste tatsächlich jemand in ein Flugzeug oder Hubschrauber steigen. Die schwere Kamera musste montiert werden. Der Kameramann hatte für so etwas eine besondere Ausbildung. Das Ganze verursachte erhebliche Kosten und war eher aufwendig. 

Am Ende gibt es von den beiden Herren zwei Schwungtipps. In Zeitlupe!

Wie sieht’s aus?

Snead und Hogan, bleiben einem Look treu, den sie beide zum Zeitpunkt der Aufzeichnung schon seit Jahrzehnten pflegten. Hogan trägt die Chino-Hose etwas kurz, das Polo strahlend weiß, die Flatcap ebenso. Ich finde es bei Hogen immer schwer, Bilder und Filmaufnahmen zeitlich einzuordnen, so sehr blieb sich der Texaner treu. Snead trägt sein Markenzeichen-Hut. Sein taubenblaues Polo hochgeknöpft (für die, die glauben, Bubba hätte das eingeführt) und die Hose nabelhoch. Zwei Gentlemen im Zweikampf. Begleitet von Gene Sarazen. Stilecht in Plus-Fours und Anzug. 

Die Zuschauer sind allesamt sehr Sechziger-pre-hippie-Ära. Alle ganz adrett. Oft ist man etwas verunsichert, wenn man sich im Bild wähnt. Die Selfiekultur und Selbstdarstellungshysterie unserer Jahrzehnte liegt hier noch in einer unvorstellbaren Zukunft. Am Abend, wird man wohl mit Martini Cocktails anstossen, wissend das Gesehene revue passieren lassen und über die gepflegte Kunst des Trinkens sinnieren. Hier präsentiert sich das weiße Amerika der Country Clubs und des corporate Mittelstands. Keine Joints, keine Demos. Vietnam ist gefühlt noch in weiter Ferne. Fans werden an die Welt von Don Draper und Roger Stirling denken, an große Autos und einer leuchtenden Zukunft. Mad Men eben.

Und sonst so?

Interessant, aber nicht überraschend. Die einzigen Schwarzen, die man bewußt sieht, sind Caddies und Vorcaddies. Das muss man natürlich nicht erwähnen, aber sobald es einem auffällt, kann man es nicht mehr übersehen.

Und heute?

Ben Hogan starb im Jahre 1997 im Alter von 84. „The Wee Icemon“, wie er von schottischen Fans nach seinem Sieg 1953 bei der Open Championship in Carnoustie genannt wurde, gilt als einer präzisesten Golfer aller Zeiten. Sein Buch „Five Lessons“ ist eines der einflussreichsten Lehrbücher des Spiels.  2002 starb Slammin‘ Sam Snead mit 89 Jahren. Mit 82 PGA Siegen galt er lange als der erfolgreichste Spieler aller Zeiten. Ein Rekord, den er seit dem letzten Jahr erst mit Tiger Woods teilen muss.

Über den Autor

Mark Horyna, Golfjournalist

Autor und Filmemacher Mark Horyna lebt und arbeitet in der Nähe von Stuttgart. Seine Texte finden Sie regelmäßig im australischen „Caddie-Magazine“, der deutschen „Heritage Post“, dem schweizerischen „GolfPlus“ und dem österreichischen „Perfect Eagle“. Als „The New Gentleman Golfer“ treffen Sie ihn in den sozialen Medien und gelegentlich auch vor der Kamera. Er hat zudem Golfbetriebsmanagement (IST) studiert und ist Vorstand eines Fördervereins, der sich um den Golfnachwuchs kümmert. Sie erreichen Horyna telefonisch unter 01743330702 und per Mail:

mr.horyna@thenewgentlemangolfer.com

Portrait Mark Horyna
© Mark Horyna

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